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Juli 2001

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Einen kühlen Kopf bewahren - StHWMon

Von Christian Hennecke © Juli 2001

Der unglaubliche Fortschritt bei der Entwicklung von Prozessoren des letzten Jahrzehntes brachte nicht nur eine enorme Zunahme der Rechengeschwindigkeit, sondern auch ein paar problematische Nebeneffekte mit sich, der offensichtlichste davon ist natürlich die Wärmeentwicklung. Beginnend mit kleinen passiven Kühlern, sind wir mittlerweile an einem Punkt angelangt, wo Lüfter mit riesigen Kühlrippen die Gehäuse ausfüllen. Außerdem haben auch Festplatten und Grafikkarten ihren Anteil daran, daß sich Computer zu kleinen Heizkörpern entwickelt haben, wobei die Topmodelle sogar eigene Kühler mitbringen. Heutzutage ist eine gut funktionierende Kühlung von größter Wichtigkeit, wenn man seine teuere Hardware nicht in Rauch aufgehen sehen will. Aber es gibt keine Garantie dafür, daß diese ewig funktionieren wird. Ein weiteres potentielles Problem ist der hohe Strombedarf aktueller Hardware - insbesondere Grafikkarten -, der zur Instabilität führen kann, wenn er die Kapazität des Netzteiles oder des Motherboards übersteigt. Also ist etwas vonnöten, das Ihr System schützt, die Lage überwacht, Sie warnen kann und gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen ergreift, falls die Situation aus dem Ruder läuft, während der Rechner unbeobachtet arbeitet. Das freie StHWMon von Stefan Milcke ist ein solches Überwachungsprogramm und erledigt seine Aufgabe hervorragend.

Installation

StHWMon wird als WarpIN-Paket geliefert. Die Installation verläuft problemlos. Falls eine existierende XWorkplace-Installation gefunden wird, kann ein Plug-in für das XCenter installiert werden. Mehr dazu später. Am Ende hat der Anwender noch die Möglichkeit, zwischen deutscher, englischer, italienischer und finnischer Sprache zu wählen.

Funktionalität

Es gibt keine allgemeine Schnittstelle, um die gemessenen Werte aus dem Motherboard auszulesen, weder für OS/2 noch ein anderes Betriebssystem. Jedwede Überwachungssoftware muß also die Chips direkt ansprechen. StHWMon unterstützt nicht nur Winbond Chips, sondern auch den VIA_82C686. Meines Wissens gibt es kein anderes Programm für OS/2, das VIA unterstützt, was der ursprüngliche Grund dafür war, daß ich anfing, es zu nutzen.


Abb.1: Hauptanzeige

StHWMon ist in der Lage, drei Temperatursensoren, die Umdrehungszahlen dreier Lüfter und sieben Spannungen zu messen. Abb.1 zeigt den Hauptanzeigedialog der StHWMon GUI. Diese Anzeige kann sehr weit konfiguriert werden. Wie aus Abb.2 ersichtlich, kann für jeden Wert ein jeweils beliebiger Text als Beschreibung eingegeben werden. Eine sehr nützliche Funktion, da sich die Chip/Motherboard-Kombinationen darin unterscheiden, welcher Sensor die CPU überwacht etc. Der Code %n setzt den eigentlichen Meßwert ein. Temperaturen können auch in Grad Fahrenheit umgewandelt werden. Aufgrund der Massenproduktion der Chips geben diese oft nicht die genauen Werte zurück. Falls Ihnen die Differenz zwischen gemeldetem und tatsächlichem Wert bekannt ist, können Sie für jeden Sensor getrennt einen Korrekturwert angeben.


Abb.2: Konfiguration der Anzeige

So weit zur Anzeige selbst. Um Warnungen anzeigen oder Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, wenn potentiell gefährliche Werte auftreten, muß dem Programm natürlich mitgeteilt werden, welche Werte als gefährlich zu betrachten sind und welche Maßnahmen ergriffen werden sollen. Dazu kann der Anwender diverse sogenannte Ereignisse definieren, die dann alle gleichzeitig überwacht werden. Die Intervalle, in denen StHWMon den Chip abfragt, sind abhängig vom Modell und dem Sensortyp und können nicht vom Anwender geändert werden.


Abb.3: Konfiguration eines Ereignisses

Wie Sie Abb.3 zeigt, wird jedes Ereignis definiert, indem eine Bedingung für einen Sensor angegeben wird. Hier überprüft StHWMon z.B., ob der Wert des Temperatursensors zwei 53 Grad Celsius für mindestens 5 Sekunden übersteigt. Falls diese Bedingung erfüllt ist, färbt sich die Anzeige des überwachten Wertes rot und die gewählten Maßnahmen werden ausgeführt. Die Liste der möglichen Maßnahmen umfaßt das Abspielen eines Warntones, der aus einer Reihe einfacher Signaltöne oder einer vom Anwender wählbaren Wavedatei bestehen kann, die Anzeige eines Dialoges mit einer Warnnachricht wie in Abb.4, das Starten eines Programmes oder das Herunterfahren und Ausschalten des Rechners per APM. Alle Maßnahmen können beliebig kombiniert werden. Ich war leider nicht in der Lage zu testen, ob das Ausschalten verzögert wird, bis ein angegebenes Programm beendet ist.


Abb.4: Ein Beispiel für eine Warnnachricht

Abgesehen von der oben beschriebenen GUI gibt es zwei Alternativen, StHWMon zu nutzen - einen Daemon und ein Plug-in für den XCenter, ein Ersatz für den Warpcenter aus dem XWorkplace-Paket. Der Daemon kann aus der CONFIG.SYS, STARTUP.CMD oder der Kommandozeile gestartet werden, läuft im Hintergrund und verbraucht keinen Platz auf dem Bildschirm. Das XCenter Plug-in (Beispiel siehe Abb.5) wird durch Nutzung des Health Monitor Widgets aktiviert, die Anzeige kann ähnlich der Hauptoberfläche konfiguriert werden wie Abb.6 zeigt. Falls die Bedingung eines Ereignisses erfüllt ist, verfärbt sich die komplette Anzeige rot. Das Widget akzeptiert übrigens die Änderung von Schriftart und Farbe per Drag & Drop. Sowohl der Daemon als auch das Widget starten die vordefinierten Maßnahmen. Allerdings bieten sie keine Möglichkeit, Ereignisse zu definieren, nutzen aber die mit Hilfe der GUI festgelegten.


Abb.5: Anzeige des XCenter Widgets


Abb.6: Standardeinstellungen des XCenter Widgets

Entwickler und sonstige Experten interessiert vielleicht, daß StHWMon mit einer Schnittstelle für C und REXX geliefert wird. Es sind ein paar Beispiele zur Nutzung enthalten.

Leistung

StHWMon ist sehr zuverlässig. Ich habe nicht ein Problem mit der aktuellen Version 0.16 beta build 675 gehabt. Die durch das Abfragen der Chipregister alle paar Sekunden verursachte zusätzliche CPU-Last ist sehr gering - laut CPU-Lastanzeige des XCenter etwa 1% auf einem AMD K6-III 450.

Es gibt einen Stolperstein: Die APM-Funktionalität ist mit Vorsicht zu genießen. Bevor Sie sie anschalten und Ihren Rechner unter hoher Last laufen lassen, sollten Sie überprüfen, ob die APM-Abschaltung korrekt funktioniert. Denn leider arbeitet diese Funktion auf vielen Rechnern nicht. Das ist kein Fehler in StHWMon, sondern ein allgemeines Problem mit OS/2 oder dem Motherboard. Meines fährt zwar herunter, hängt dann aber mit einem TRAP. Das ist nicht gerade der erwünschte Effekt und keineswegs hilfreich, falls der CPU-Lüfter stehengeblieben sein sollte.

Wenn Sie den potentiellen Übeltäter kennen, der zu große Hitze verursacht, wenn Sie beispielsweise den SETI@home Klienten im Hintergrund laufen lassen oder ein großes Projekt kompilieren, können Sie ein Skript angeben, das einen Prozesskiller startet, der dann einen oder mehrere Prozesse beendet.

Es wäre wüschenswert, zwei Bedingungen definieren zu können, die beide für die Ausführung einer Maßnahme erfüllt sein müssen. Während der Anwender momentan etwa einen Spannungsbereich mit Hilfe zweier Ereignisse mit größer/kleiner-Vergleichen festlegen kann, wäre es schön, wenn das Programm in der Lage wäre, sozusagen zwischen weniger und hochgefährlichen Situationen zu unterscheiden. Die Kompilierung eines großen Projektes beispielsweise kann zu zu hohen Temperaturen führen, aber sobald der Compilerprozeß von StHWMon beendet wurde, bringen der CPU-Kühler und OS/2s Idle Time-Überwachung die Temperatur schnell wieder auf ein gesundes Niveau zurück. Wenn andererseits der Prozessor zu heiß wird und die Umdrehungszahl des Prozessorlüfters niedrig oder gleich Null ist, ist es höchste Zeit für einen sofortigen Systemabschluß.

Ein kleiner kosmetischer Fehler des XCenter Widgets besteht darin, daß wenn sich die Anzahl der Ziffern ändert, z.B. beim Umspringen von 9 auf 10 Volt, die Breite des Widgets angepaßt wird. Dies kann sehr irritierened sein, wenn es öfters vorkommt.

Frühere Versionen des XCenter Plug-ins, die in älteren XWorkplace-Versionen (vor 0.9.11) enthalten waren, haben Probleme mit manchen Rechnern. Falls Sie beim Start des XCenters einen tiefen Signalton hören und das Health Monitor Widget nicht im Add widget Menü des XCenters erscheint, ist es Zeit, sich eine aktuellere Version zu besorgen.

Fazit

StHWMon kann Ihre teuere Hardware - vorausgesetzt, es wurde korrekt konfiguiert - durch Maßnahmen von der Warnnachricht bis zum Abschalten per APM schützen. Es bietet eine flexible Oberfläche, belastet den Prozessor kaum und ist sehr zuverlässig. Das einzige Problem, welches das Funktionieren des APM-Abschaltens auf einigen Rechnern verhindert, wird durch einen Designfehler des Betriebssystems oder der Hardware verursacht.

StHWMon ist ein exzellentes Werkzeug, das Ihnen einige Sorgen abnehmen kann, so daß Sie auch dann einen kühlen Kopf bewahren können, wenn Ihr Rechner dies nicht tut.
 
 
StHWMon 16 beta build 675
Autor: Stefan Milcke (Stefan.Milcke@t-online.de)
Preis: Freeware
Quellenverzeichnis:
StHWMon Homepage - http://home.t-online.de/home/stefan.milcke/hwmon_de.htm
XWorkplace Homepage - http://www.xworkplace.org


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