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Juni 2002

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ScanMaker 35t plus

Von Manfred Agne © Juni 2002

Vor etwa zwei Jahren begann ich, mich für einen Diascanner zu interessieren. Ich hatte bereits einen Flachbettscanner von Microtek, den Scanmaker 630, der von ImpOS 2.1 unterstützt wird. Ich wußte auch, daß Microtek einen Diascanner herstellte, den 35t+. Ein kurzer Blick bestätigte mir, daß ImpOS für diesen Scanner auch Treiber hatte. Ich hatte damals auch einige Hardware-Tests in der c't gelesen, und der Scanner hatte ganz vernünftig abgeschnitten, obwohl andere, teurere, Scanner etwas bessere Resultate erzielt hatten. Aber der Microtek ScanMaker war der einzige Scanner, der unter OS/2 unterstützt zu sein schien. Da ich ImpOS bereits hatte, kamen auf mich außer dem Preis des Scanners keine weiteren Kosten zu.

Der Lieferumfang umfaßte den Scanner selbst, ein gedrucktes Handbuch, ein kurzes SCSI-Kabel (25-Pin sub-D auf 50-Pin "Centronics"-Typ), eine Adaptec SCSI-Karte für den ISA-Bus (OS/2-Treiber sind bei Warp und eCS dabei), einen Halter für Filmstreifen, ein paar Diarahmen, und die CDs mit der Software für Windows und MacIntosh. Außerdem gab es noch ein Farbreferenz-Dia und eine Farbkalibrierungssoftware für Windows auf zwei 1.4"-Disketten. Das Farbreferenzdia ist derzeit unter OS/2 wertlos, aber werfen Sie es nicht gleich weg - vielleicht können wir es irgendwann nochmal brauchen (keine weiteren Kommentare...). Nebenbei bemerkt, das folgende Bild wurde nicht mit dem Scanner eingescannt, ich habe es mit einer billigen Webcam gemacht. Die Qualität des Scanners ist natürlich besser.

Installation

Die Installation der Hardware war simpel: Ich stellte die SCSI-ID auf einen unbenutzten Wert ein, stöpselte den ScanMaker 35t+ am SCSI-Bus zwischen den ScanMaker 630 und meinen Advansys SCSI-Kontroller und startete den PC neu. Unerwarteterweise hatte ich unter OS/2 Probleme mit dem Scanner: Die aktuellen ImpOS-Treiber erkannten den Scanner nicht! Nach ein paar fruchtlosen Experimenten bootete ich Win98. Ich installierte die Software, die mit dem Scanner ausgeliefert wurde (im Grunde eine aktualisierte Version der Software, die ich bereits mit dem Flachbettscanner bekommen hatte), und scannte mein erstes Testbild. Der Scanner funktionierte, aber nach ein paar erfolgreichen Scans kriegte ich nur noch Datenmüll. Ich rief den Händler an, und der schickte mir ohne langes Zögern einen Ersatzscanner. Währenddessen hatte ich in c.o.o.apps, c.o.o.misc, und de.c.o.o.apps nachgefragt, und ein freundlicher OS/2-User hatte mir einen älteren ImpOS-Treiber für den Scanner geschickt. Die älteren Treiber prüfen nicht nach, ob der Scanner auch wirklich da ist - sie werden auch geladen, wenn der Scanner abgeschaltet ist. Das ist gut, denn es eliminiert den Punkt, an dem die neueren Treiber scheitern, und der 35t+ funktioniert mit den älteren Treibern ganz wunderbar. Nur um das nochmal klar zu sagen: Das Hardwareversagen hatte nichts mit den Treiberproblemen unter OS/2 zu tun.

Hier ist ein Scan des Farbreferenzdias, das beim Scanner dabei war. Klicken Sie auf das Bild, um den Scan in voller Größe zu laden (800k JPG).

Der Scanner hat eine physikalische Auflösung von 1950x1950 Pixeln, und das ist auch die Einstellung, die ich für meine Scans verwende. Bei einem normalen Dia (36mm x 24mm) ergibt das ein eingescanntes Bild von etwa 2760 x 1840 Pixeln, was einer Bitmap von etwa 13MB entspricht. Wenn ich die Bilder als JPEGs bei "90%" Qualität speichere, haben sie eine mittlere Größe von etwas mehr als 1MB. Leider konnte ich kein Testdia auftreiben, das es mir erlaubt hätte, das Auflösungsvermögen des Scanners zu messen, aber ich habe in den Scans meiner Fotos Fehler gefunden, die ich vorher nie sehen konnte. Für mich ist diese Auflösung gut genug. :-)

Die Windows-Software, die mit dem Scanner ausgeliefert wurde, scheint ganz vernünftig zu funktionieren, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wozu irgendwer eine OCR-Software in Verbindung mit einem Diascanner verwenden könnte. Ich habe die Windows-Software nicht mit wirklich schwierigen Scans getestet. Dann gibt es noch etwas MacIntosh-Software, aber ich habe keine Ahnung, wie gut oder schlecht sie ist.

Natürlich habe ich den Scanner vor allem gekauft, um ihn unter OS/2, und speziell mit ImpOS/2, zu verwenden. Über ImpOS im allgemeinen werde ich hier nicht viel sagen, denn die Software hat sich in den letzten Jahren nicht geändert, und sie können in dem Artikel ImpOS/2 neu betrachtet (VOICE Newsletter 07/2001) mehr darüber lesen. ImpOS bietet die grundlegenden Scanmöglichkeiten, aber in manchen Bereichen fehlen ihm doch einige Fähigkeiten. So gibt es beispielsweise kein Histogramm-Werkzeug, und die Umkehrung gescannter Negative ist nicht möglich. Aber wie ich in dem zitierten Artikel geschrieben habe, hat ImpOS den großen Vorteil, daß seine Möglichkeiten mittels REXX erweitert werden können, und ich habe angefangen, einige Zusatz-Tools zu schreiben. Während der Entstehung des vorliegenden Artikels konnte ich eine erste Version fertigstellen, die Sie unter dem Namen Bibertools auf Hobbes finden. Sie fügt zu ImpOS ein neues Scan-Interface, ein Histogramm-Werkzeug (d.h. ein Werkzeug, das zeigt, wieviele Pixel der verfügbaren R-, G- und B-Werte jeweils im Bild vorhanden sind), und eine Funktion zum Invertieren gescannter Negative hinzu.

Der ScanMaker 35t+ wird anscheinend auch von der OS/2-Version von SANE (einer Portierung der Linux-Scannertreiber) unterstützt, aber ich habe das bisher nicht ausprobiert. Es sollte auch möglich sein, meine ImpOS-Zusatztools so abzuändern, daß sie auch mit SANE zusammenarbeiten. Wenn jemand das braucht, soll er sich bitte bei mir melden. :-)

Performance

Ich habe ein paar Experimente mit dem Scanner angestellt, erstens weil ich neugierig bin, und zweitens weil ich das Gefühl hatte, mehr über die Stärken und Schwächen der Hardware wissen zu müssen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Das Kontextmenü der Scan-Vorschaufensters von ImpOS bietet den Zugriff auf ein zweiseitiges Einstellungsnotizbuch, in dem man Schieberegler für Helligkeit und Kontrast findet. Ganz allgemein kann man die Helligkeit und den Kontrast entweder innerhalb des Scanners oder in den endgültigen Bilddaten anpassen. Die besten Ergebnisse erzielt man, indem man Helligkeit und Kontrast innerhalb des Scanners selbst regelt (d.h. bevor die Bilddaten aus der internen 30-Bit Repräsentation auf die 24-Bit Repräsentation reduziert werden, die zum PC transferiert wird), und es stellte sich heraus, daß diese zwei Regler genau das tun. Ich habe den zentralen Teil des horizontalen Graustufenkeils im Referenzdia mit verschiedenen Einstellungen eingescannt und eine meiner REXX-Prozeduren verwendet, um Histogramme für die Rot-, Grün- und Blau-Komponente des Scans zu erstellen:

Die Bilder wurden mit einer mittleren Kontrasteinstellung eingescannt (0%), und die entsprechenden Helligkeitseinstellungen waren -50%, 0%, und +50%. Wie man sieht, verschiebt sich das ganze Histogramm von niedrigeren zu höheren Intensitäten (d.h. von links nach rechts), wenn man die Helligkeitseinstellung erhöht. Die Form des Histogramms bleibt aber ziemlich exakt die gleiche, was wir auch erwarten würden. Außerdem ist die Verschiebung für alle drei Farben die gleiche, d.h. die Helligkeitseinstellung verändert die Farbbalance nicht. Sehr gut!

In diesem Fall habe ich die Bilder mit einer mittleren Helligkeitseinstellung (0%) gescannt, und die jeweiligen Kontrasteinstellungen waren -50%, 0%, und +50%. Das Histogramm wird mit steigendem Kontrast gestreckt, wobei eine mittlere Helligkeit (128 von 256) praktisch unverändert bleibt. Wieder ist der Streckfaktor für alle drei Farben etwa dergleiche, was bedeutet, daß auch die Kontrasteinstellung die Farbbalance nicht verändert. Beides zusammen gibt uns die Möglichkeit, zumindest etwas Unter- oder Überbelichtung des Filmmaterials beim Scannen auszugleichen, ohne uns um RGB-Farbverschiebungen sorgen zu müssen.

Es wird Ihnen sicherlich auch aufgefallen sein, daß die Histogramme der Rot- und Grünkomponente acht deutliche Peaks zeigen - sie entsprechen den acht Graustufen, die im eingescannten Bereich des Graustufenkeils vorhanden sind. Diese Peaks sind im Histogramm der Blau-Komponente praktisch nicht sichtbar, und das folgende Bild zeigt den Grund dafür. Das ist ein kontrastverstärkter Scan von fünf Graustufen aus dem Graukeil des Farbreferenz-Dias, separiert in seine Rot-, Grün- und Blaukomponenten (von oben nach unten). Ganz offensichtlich hat die Blau-Komponente ein deutlich höheres Rauschen als die Rot- und Grün-Komponente. Vermutlich ist die Intensität der Scanner-Lampe im Blauen ziemlich niedrig, deshalb ist der Scanner so eingestellt, daß er im blauen Teil des Spektrums eine höhere interne Verstärkung verwendet. Das wiederum verstärkt das Rauschen.

Gegen diese Schwäche kann man praktisch nichts unternehmen, und es ist wahrscheinlich, daß andere Scanner das gleiche Problem haben. Wenn Sie das aber wirklich störend finden, können Sie das gleiche Dia mehr als einmal scannen und über die einzelnen Scans mitteln, um damit das Rauschniveau zu reduzieren. NETPBMA enthält ein Kommandozeilenprogramm, das über zwei Scans mitteln kann:

ppmmix -0.5 SCAN1.PNM SCAN2.PNM >OUTPUT.PNM

PNM ist das verlustfreie Dateiformat, das die NETPBMA-Programme verwenden. ImpOS kann PNM-Dateien lesen und schreiben, und mit ein paar Zeilen REXX kann man das verwenden, um automatisch über eine fast beliebige Anzahl von Scans zu mitteln. Potenzen von zwei  (2, 4, 8, 16 Scans) sind einfacher zu implementieren:

ppmmix -0.5 SCAN1.PNM SCAN2.PNM >AVERAGE12.PNM
ppmmix -0.5 SCAN3.PNM SCAN4.PNM >AVERAGE34.PNM
ppmmix -0.5 AVERAGE12.PNM AVERAGE34.PNM >OUTPUT.PNM

Vergessen Sie nicht, die temporären Dateien zu löschen. ;-) Natürlich brauchen mehr Scans auch mehr Zeit, und es ist nur in Ausnahmefällen sinnvoll, ein Bild öfter als zwei- oder viermal einzuscannen. Vielleicht sollte ich auch erwähnen, daß ich ein paar Schwierigkeiten hiermit hatte, als ich den Scanner an meinem alten 233 MHz-Rechner der Pentium-Generation im intensiven Multitasking-Betrieb verwendete. Anscheinend benötigt der Scanner beim Festlegen der vertikalen Startposition für den Scan die Kooperation des Rechners, und wenn die CPU beim Erreichen des Startpunktes gerade anderweitig beschäftigt war, konnte das Bild um eine Kleinigkeit nach oben oder unten verschoben sein. Natürlich spielt das im normalen Betrieb überhaupt keine Rolle. Aber wenn man einzelne Scans überlagern will, verursacht die vertikale Verschiebung einzelner Bilder um ein paar Pixel Probleme. Wenn jedoch auf dem Rechner nebenbei keine besonders anspruchsvollen Jobs liefen, funktionierte die Prozedur wunderbar, und auf meiner neuen Maschine (AthlonXP 1600+) gibt es überhaupt keine Alignment-Probleme. Der ScanMaker 35t+ ist wirklich exakt, und alle Scans des gleichen Bildes finden sich an der gleichen Position wieder. Natürlich ist der schnellere Prozessor dann auch bei der Bildverarbeitung nützlich. :-)

Farbnegative einscannen

Wie ich schon sagte, ImpOS hat keine Möglichkeit, eingescannte Negative sinnvoll zu invertieren. Natürlich gibt es eine "Invertieren"-Funktion, die für Schwarz/Weiß-Bilder verwendbar ist, aber da sie die orangefarbige Maskierung der Farbnegative nicht entfernt, ist sie in den meisten Fällen ziemlich nutzlos. Ich habe versucht, eine andere Lösung zu finden, aber das hier schien eines der wenigen Dinge zu sein, die man mit nativen OS/2-Programmen einfach nicht erledigen konnte. Das Histogramm-Tool jedoch (das ich für diesen Artikel geschrieben habe) erwies sich als die kritische Komponente für die Invertierung von eingescannten Farbnegativen, und mit Hilfe von ein paar Zeilen REXX und den VIO-basierten NETPBM-Utilities ist es tatsächlich möglich, dieses Problem zu lösen. Ich werde hier auf die technischen Details nicht weiter eingehen, aber sie finden eine integrierte Invertieren-Funktion in den vorher erwähnten Bibertools.

Zum Vergleich sehen Sie hier ein eingescanntes Negativ (oben links), das Ergebnis der "Invertieren"-Funktion von ImpOS/2 (oben rechts), das unter Windows eingescannte und invertierte Negativ (unten links), und das Resultat meiner eigenen Bild-Inversionsroutine (unten rechts):

Das Ergebnis meiner eigenen Prozedur ist etwas dunkler als das Bild, das ich unter Windows bekomme, aber das liegt nur daran, daß es mir so besser gefällt. Unter OS/2 verwendet die Software ein benutzerdefiniertes Filmprofil, um die orange Maskierung zu entfernen, und Sie können das Filmprofil Ihren eigenen Vorlieben anpassen. Das sollte es auch erlauben, Filmprofile zu definieren, die Farbstiche aufgrund von Filmalterung oder Beleuchtungsbedingungen korrigieren. Im Augenblick bin ich mit diesem Ergebnis ziemlich zufrieden. Es ist auch schön zu wissen, daß ich weitere Verbesserungen implementieren kann, wenn ich Bedarf dafür habe.

Schwächen

Natürlich gibt es auch Schwachpunkte. Der wichtigste ist, daß der ScanMaker nicht gut mit stark unterbelichteten Dias umgehen kann. Sie können optisch so dicht sein, daß praktisch kein Licht mehr durchkommt, und es ist selbst mit Tricks wie dem Mitteln über mehrere Scans praktisch unmöglich, aus dem übrigbleibenden Signal ein vernünftiges Bild zu bekommen. Ich sehe keine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, außer vielleicht die, den Scanner mit einer stärkeren Lampe oder vielleicht besser einer in der Helligkeit regelbaren Lampe auszustatten. Aber das würde umfangreiche Modifikationen an der Hardware erfordern. Dann hat der Scanner einen lauten Lüfter, aber das könnte ein individuelles Problem meines Scanners sein. Wenn ich mich recht entsinne, war der Scanner, den ich zuerst bekam (derjenige, der nach ein paar Scans den Geist aufgab) viel leiser. Schließlich ist auch die Auflösung (1950 dpi nominell) gering im Vergleich zu aktuellen Modellen, die bis zu 4000dpi bieten. Ich weiß allerdings nicht, ob irgendeines dieser neueren Modelle unter OS/2 verwendbar ist.

Kurz gesagt...

Insgesamt würde ich sagen, daß der Microtek ScanMaker 35t+ ein guter Filmscanner für OS/2 und das Geld wirklich wert ist, das ich dafür ausgegeben habe. Zumindest für mich wiegt die Möglichkeit, das Scannen über REXX zu kontrollieren, bei weitem die paar Schwächen der Hardware auf. Unglücklicherweise scheint der Scanner vor ein paar Monaten vom Markt verschwunden zu sein (tut mir leid, daß ich mit diesem Artikel etwas zu spät komme), aber von Zeit zu Zeit werden doch immer wieder gebrauchte Scanner auf eBay verkauft, und die meisten davon scheinen praktisch neu zu sein. Mein eigener Scanner hat inzwischen mehr als 10.000 Scans absolviert, und bisher zeigt er noch keine Abnutzungserscheinungen. Wenn Sie einen gebrauchten Scanner kaufen, sehen Sie zu, daß Sie den "35t+" bekommen, nicht den älteren "35t". Obwohl auch er unter OS/2 funktionieren sollte, habe ich ziemlich schlechte Kommentare über die Hardware gelesen, insbesondere was die mechanische Stablitität und die Abnutzung angeht.

Daten und Quellen:
ScanMaker 35t+
Hersteller: Microtek
Preis: unbekannt

VOICE-Artikel: ImpOS neu betrachtet http://de.os2voice.org/VNL/past_issues_DE/VNL0701H/vnewsf5.htm
Bibertools auf Hobbes: http://hobbes.nmsu.edu/pub/os2/apps/graphics/scan/biber.zip
SANE 1.0.7: http://home.tiscalinet.de/fbakan/sane/sane-os2-1.0.7.zip
NETPBMA auf Hobbes: http://hobbes.nmsu.edu/pub/os2/dev/mm/netpbma.zip


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