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Juni 2002

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Ein erster Blick auf Virtual PC für OS/2

Von Mike Snyder © Juni 2002, Übersetzung: Philhard Ackermann

Wie so mancher andere, der sich in OS/2-Maillisten, eCS-Newsgruppen und an ähnlichen Orten tummelt, benutze ich einen Computer sowohl zuhause als auch auf der Arbeit. Und wie so mancher andere bin auch ich dazu gezwungen, in einer Welt zu arbeiten, die von Windows-Software dominiert wird. Die meisten kommerziellen Softwarefirmen scheinen nicht davon auszugehen, daß ein Markt für OS/2-Software existiert. Das LAN in meinem Büro besteht aus 15 Rechnern, von denen 13 unter irgendeiner Version von Windows laufen. Glücklicherweise läuft auf meinem sowie dem Rechner, der mit InJoy-Firewall, Weasel und ein paar anderen Dingen unseren Router darstellt, OS/2 oder eCS. Ich bin in der Lage, die meisten in der Firma anfallenden Arbeiten mit MR/2 ICE, WordPro, Lotus 123, PM Fax, Home Page Publisher, PMView und einer Menge anderer OS/2-Software zu erledigen. Als Datenbank verwende ich Paradox 5, weil ich es seit Jahren betreibe und es in einer Win-OS/2-Sitzung sehr gut funktioniert.

Unglücklicherweise ist das bei uns geschäftlich am meisten genutzte Programm Point für Windows von Calyx Software. Point ist ein Programm zur Verwaltung von Hypothekendarlehen, das im Grunde genommen aus einem Datenbankmanager und einem Haufen Formularen besteht. Wenn Sie in den Vereinigten Staaten eine Hypothek aufnehmen, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, daß die Formulare, die Sie unterzeichnen, mit Point erstellt wurden.
Bis vor etwa 2 Jahren hatte Calyx Point noch so geschrieben, daß es sogar auf Windows 3.0 lauffähig war, also lief es hervorragend in einer Win-OS/2-Sitzung. Neuere Versionen allerdings sind 32-bittig und verwenden Install Shield 6 als Installationsprogramm. Da die Art unseres Geschäfts jährlich oder sogar öfter Programmänderungen erforderlich macht, mußte ich eine ganze Zeit lang eine veraltete Version einsetzen. Da ich jedoch Leute unterstützen muß, die die neueren Versionen verwenden, wurde die Sache immer schwieriger. Ich sehne den Tag herbei, da Windows-Software sich unter OS/2 mit Odin einfach installieren und verwenden läßt, aber so weit sind wir noch nicht.

Vor einigen Monaten kündigten Kim Cheung und die Leute von Serenity Systems an, daß sie mit  Connectix, den Autoren von Virtual PC (VPC) für alle anderen Plattformen und Innotek, einer bekannten Softwarefirma aus Deutschland, zusammenarbeiten würden, um VPC/2 auf den Markt zu bringen. Innotek ist die Firma, die Flash 4 und 5 nach OS/2 portiert hat. Außerdem stellen sie ein redundantes Serversoftware-System für betuchte Geschäftskunden her. Falls Sie VPC bisher noch nie gesehen haben: Es ist ein Softwareprogramm, welches Ihr Betriebssystem zum Gastgeber für andere Betriebssysteme (Gäste) macht, welche in einem eigenen Fenster ablaufen, während Ihr primäres Betriebssystem läuft. Connectix bietet Versionen für diverse Betriebssysteme an, aber OS/2 war bis vor kurzem keines davon. Sie starten den virtuellen PC und anschließend eines oder mehrere andere Betriebssysteme, die Sie darunter installiert haben.

Da ich ein Windows-Programm nutzen mußte, mich aber gleichzeitig weigerte, komplett zur dunklen Seite überzutreten, habe ich das Erscheinen von Virtual PC für OS/2 mit großer Spannung erwartet. Monatelang studierte ich die Unterstützungsforen bei Innotek und erwarb das Programm, sobald es jemand auf seinen Webseiten zum Verkauf anbot. Der erste Anbieter, bei dem ich es fand, war Mensys, also bekamen die mein Geld. Andere können mehr davon bekommen, falls ich davon überzeugt bin, daß das Programm mir etwas bringt.

Möglicherweise möchten Sie alles über VPC/2 erfahren. Dieser Artikel wird nicht alle Ihre Fragen beantworten. Er beschreibt meine ersten Erfahrungen mit VPC/2, was es kann und wie gut - oder wie schlecht - es für Sie geeignet sein könnte. Wenn Sie mehr wissen möchten, dann sollten Sie sich eine Zeit lang mit  http://ubb.innotek.de/cgi-bin/ultimatebb.cgi?ubb=login befassen. Sie werden sich registrieren müssen, aber das ist recht unproblematisch. Sie erhalten dadurch Zugang zu den Fragen vieler Anwender sowie den Antworten von sowohl viel erfahreneren Anwendern als auch den Autoren des Programms. Eine der schönsten Seiten der OS/2-Gemeinde ist die Möglichkeit zur direkten Kommunikation mit Programmautoren. Die meisten von ihnen sind sehr froh über Rückmeldungen und akzeptieren auch negative Kritik, solange sie in höflichem Ton vorgetragen wird. In einer Welt ehrlicher und netter Leute gehören die Mitarbeiter von Innotek zu den besten, die es gibt. Zudem gehört ihre Unterstützungsseite zu den angenehmsten, die ich bislang besucht habe. Man benötigt zwar einen Browser, um sie zu verwenden, aber das geht leicht und ist relativ schnell.

Erwerb des Programms

Irgendwann werden die Vertriebe einen Karton mit CD und Anleitung anbieten. Zur Zeit kauft man das Programm und lädt es sich herunter. Es sind ungefähr 10 MB herunterzuladen. In meinem Fall mit meiner Kabelverbindung kein Problem. Befinden Sie sich am Ende einer langen Telefonleitung irgendwo auf dem Land, dann kann es länger dauern, und Sie warten vielleicht lieber auf die CD. Mensys übersandte mir den Registrierungsschlüssel sowie die Installationsanleitung per E-Mail.

Ich mußte das Programm kaufen, um es ausprobieren zu können. Innotek hat die Absicht verkündet, eine Demoversion herauszubringen, die zeitlich oder funktional eingeschränkt ist. Keine schlechte Sache, wenn man einfach mal herausfinden will, ob die eigene Hardware VPC/2 unterstützt. Es könnte einem ersparen, 199 EUR auszugeben, nur um festzustellen, daß es auf dem eigenen Rechner nicht läuft.

Installation des Programms:

Nach dem Auspacken der heruntergeladenen Datei rufen Sie einfach das Installationsprogramm auf. In wenigen Sekunden, in denen Sie den Ort der Installation auswählen sowie - natürlich - die Lizenzbestimmungen lesen und absegnen, sind Sie schon fertig, jedenfalls fast. In einem weiteren Bildschirm wird Ihnen angeboten, einen virtuellen Switch [feststehender Begriff für eine bestimmte aktive Netzwerkkomponente, Anm. d. Übers.] zu installieren. Die Vorgabe ist, ihn nicht zu installieren. Sollten sie das wünschen, und Sie sollten das in der Tat wünschen, dann müssen Sie auf den Namen Ihres LAN-Adapters in der Liste und auf den Change-Knopf unterhalb des Fensters klicken. Ein Klick auf den LAN-Adapter allein genügt nicht, um das Installationsprogramm anzuweisen, den virtuellen Switch zu installieren. Dieser Teil der Installation ist meiner Meinung nach verbesserungsbedürftig. Haben Sie das aber alles erledigt, dann erhalten Sie einen VPC/2-Ordner auf der Arbeitsoberfläche. Um das Programm zu aktivieren, ist ein Systemneustart erforderlich, weil VPC/2 einen Einheitentreiber benötigt. Der virtuelle Switch nimmt zusätzlich Änderungen an Ihrer PROTOCOL.INI vor.

Ohne den virtuellen Switch erlaubt VPC/2 dem 'Gastbetriebssystenm' (das, welches Sie später installieren werden) die gemeinsame Nutzung von Ordnern mittels seiner Gemeinsame Ordner-Einrichtung ("Shared Folders"). Hier wird weder NETBEUI, TCPBEUI, TCP/IP noch irgendein anderes Netzwerkprotokoll, sondern ein proprietäres Protokoll benutzt. Außerdem ist es entsetzlich langsam. Sie sollten diese Einrichtung nur dann einsetzen, wenn Sie NETBEUI auf Ihrem Gastgebersystem einfach nicht verwenden können. Ohne den virtuellen Switch kann der VPC/2-Gast immer noch auf Ihr Netzwerk zugreifen. Er verwendet einfach ausschließlich TCP/IP. Das würde reichen, wenn Sie beispielsweise lediglich Internet Explorer benutzen möchten.

Wenn Sie auf Dateien in einem Peer-Netzwerk wie dem meinen zugreifen müssen, dann benötigen Sie den virtuellen Switch. Ist er installiert, dann schaltet VPC/2 Ihren LAN-Adapter in den sog. "promiscuous mode", in welchem er alles empfängt und es dem Betriebssystem überläßt, was es davon benötigt. Dies ermöglicht es Ihnen, für jedes Gastbetriebssystem eine 'eigene Identität' mit eigenem Computernamen und eigener IP-Adresse einzurichten, wodurch Sie das Netzwerkprotokoll Ihres LANs verwenden können (falls es nicht ausschließlich TCP/IP ist). Ein und derselbe physische Rechner kann damit mehrere verschiedene Rechner in Ihrem LAN darstellen, und das zur gleichen Zeit oder zu unterschiedlichen Zeiten - es hängt nur davon ab, wie viele Gastbetriebssysteme Sie betreiben möchten.

Nachdem Sie VPC/2 mit dem virtuellen Switch (ja, ich bin besessen davon) installiert haben, starten Sie Ihr System durch und rufen das Programm auf, um Ihren Registrierungsschlüssel einzugeben.

Einrichtung eines virtuellen PCs

Die Einrichtung eines virtuellen Rechners ist absolut simpel. Sie beginnen, indem Sie im Hauptfenster auf die Schaltfläche New PC klicken. Es erscheint die Frage, ob Sie ein existierendes Plattenabbild verwenden oder ein neues anlegen möchten. Connectix vertreibt Plattenabbilder, in denen das Betriebssystem Ihrer Wahl bereits vorinstalliert ist, sollten Sie also ein solches Abbild erworben haben, dann können Sie es hier einfach verwenden. Sollten Sie bereits ein Gastsystem angelegt haben, dann können Sie es auf einen anderen Rechner verlegen. Das wird unabhängig von der realen Hardware der beteiligten Rechner einfach dadurch möglich, daß das Gastsystem eben nicht auf Ihrer realen Hardware, sondern in einem virtuellen PC läuft, und die sind immer gleich.

Setting up a VPC

Nehmen wir einmal an, sie hätten kein Plattenabbild und müßten daher ein neues erstellen. Wählen Sie einfach einen Namen dafür aus. Ich habe aus Gründen der Übersicht ein eigenes Verzeichnis dafür verwendet, aber Sie können es auf jede beliebige Partition (logisches Laufwerk bei Verwendung von eCS, WSeb oder MCP) in jedes beliebige Verzeichnis Ihres realen PCs legen. Lassen Sie sich von VPC/2 führen. Es wird Ihnen einen Vorschlag bezüglich der zu verwendenden Speichergröße unterbreiten, und zwar in Abhängigkeit davon, welche Art Gastsystem Sie installieren möchten. Die benötigte Speichergröße wird die übersteigen, die Sie bei der Installation des Gastsystems auf einem eigenen Rechner wohl verwenden würden. Beispielsweise werden für ein Windows 98 ganze 64MB Speicher vorgeschlagen. Der Gastrechner emuliert einen kompletten PC im Speicher und betreibt dort auch noch das Gastsystem, also versuchen Sie besser nicht, ihn mit zu wenig Hauptspeicher abzuspeisen. Zum Betrieb eines Gastsystems benötigt Ihr Computer genügend RAM, um eCS oder OS/2 zu betreiben, zuzüglich zu dem, was Sie für das Gastsystem festgelegt haben. Dies könnte eine Einschränkung für Sie bedeuten. Ich würde erst gar nicht versuchen, VPC/2 auf einem Rechner mit weniger als 128MB RAM zu betreiben. Der Rechner, den ich auf der Arbeit verwende, hat sogar 512MB RAM, weil ich ihn in Erwartung von VPC/2 aufgerüstet habe, als Speicherbausteine noch billig zu haben waren. Speicher ist nicht mehr so billig wie vor ein paar Monaten, aber immer noch günstiger als ein ganzer Rechner, also seien Sie nicht zu knausrig damit.

Achten Sie darauf, daß der neue PC den virtuellen Switch verwendet. Sie müssen möglicherweise die Adresse Ihres Druckeranschlusses anpassen. VPC scheint das Vorhandensein eines Druckeranschlusses nicht immer zu erkennen, und wird eventuell nicht die korrekte Adresse dafür verwenden. Wird der Druckeranschluß bei der Einrichtung nicht korrekt angezeigt, dann berichtigen Sie einfach die Einstellung mittels der Auswahlliste. Sie werden möglicherweise ohnehin nicht direkt zum Druckeranschluß drucken wollen, aber das Gastbetriebssystem muß überzeugt sein, daß ein Parallelanschluß vorhanden ist, damit ein Druckertreiber installiert werden kann.

LPT1 setting in VPC/2

Wenn Sie mit dieser kurzen Konfiguration fertig sind, dann versucht das Gastsystem zu booten. Da noch kein Gastsystem vorhanden ist, bekommen Sie einen Plattenfehler angezeigt. Legen Sie nun ein, was auch immer benötigt wird, um das Gastsystem zu installieren. Im Fall von Windows 95 oder 98 wäre das eine Diskette. Mein Windows 98SE kam auf einer bootfähigen CD daher, also habe ich diese eingelegt. Die Installation des Gastsystems stellt sich im Prinzip wie eine Installation auf einem realen Rechner dar. Abgesehen davon, daß sie langsamer abläuft. Sie installieren das Gastsystem auf einem Rechner mit S3-Grafikkarte und Intel-Netzwerkadapter. Beide wurden sowohl von Win 98 als auch von Win2K erkannt. Mein Anfangsproblem war die Parallelschnittstelle, aber dem kann abgeholfen werden, indem man darauf achtet, daß diese in VPC/2 ordentlich konfiguriert ist, bevor man mit der Installation des Gastsystems beginnt.

Nach einer recht langen Zeit sowie der üblichen Anzahl von Systemneustarts erhalten Sie ein funktionsfähiges Gastsystem. Abhängig von der Art des bei Ihnen verwendeten Netzwerks folgt nun die Netzwerkkonfiguration. Unser LAN hat sich aus einem inoffiziellen Netzwerk aus zwei Rechnern zu dem entwickelt, was es heute ist, und verwendet Dinge, die mit Windows geliefert werden, weshalb TCPBEUI und TCP/IP genutzt werden. Ich habe es am liebsten, wenn ich bei Problemen alle Rechner anhand ihrer Adresse erkennen kann, deshalb werden feste Adressen verwendet. Installieren Sie die Netzwerksoftware, stellen Sie sicher, daß der Name der Arbeitsgruppe korrekt eingetragen ist, ordnen Sie dem Gastsystem eine eigene Adresse zu oder weisen Sie es an, DHCP zu verwenden, und Sie sollten im Geschäft sein. Starten Sie das Gastsystem durch und nutzen Sie Ihr LAN, als hätten Sie ihm einen physischen Rechner hinzugefügt.

Nach Abschluß der Installation, wenn Ihr Gastsystem in einem eigenen Fenster hochfährt, werden Sie wahrscheinlich als erstes bemerken, wie klein dieses Fenster ist. Ich klickte auf eine Ecke dieses Fensters und versuchte, es größer zu ziehen, aber es wollte sich nicht bewegen. Falls Sie nicht zufällig ein Chirurg sind, der daran gewöhnt ist, durch kleinste Einschnitte im Nabel am Unterleib zu operieren, dann dürften Sie sich etwas größeres wünschen. Die Lösung ist simpel: Das Fenster des Gastsystems ändert sich mit der Auflösung, die Sie im Gastsystem einstellen. Das kleine Fenster, welches man zuerst erblickt, entsteht durch die Standard-VGA-Auflösung, während eine Auflösung von 800X600 in der Fenstergröße resultiert, die Sie auf der untenstehenden Abbildung sehen können. Etwas größeres als das habe ich nicht ausprobiert, weil ich nur eine einfache Arbeitsoberfläche verwende. Haben Sie aber Object Desktop installiert oder nutzen Sie die PageMage-Funktion von XWorkplace, dann können Sie ein hochauflösendes Fenster des Gastsystems in eine eigene Arbeitsoberfläche dieser Art legen.

VPC for OS/2 running Windows98

Die meisten von uns möchten wohl auf die Dateien, die sie bereits haben, auch in Anwendungen unter VPC zugreifen können. Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten. VPC/2 bietet hierzu das Konzept der sogenannten "gemainsamen Ordner". Verwechseln Sie das nicht mit der gemeinsamen Nutzung von Druckern und Dateien mittels NETBEUI or TCPBEUI. Der Zugriff auf diese gemeinsamen Ordner ist sehr langsam. Denken Sie nicht einmal daran, diese Einrichtung zu nutzen, es sei denn, Sie könnten keine andere Art zur gemeinsamen Nutzung von Dateien durch Gast- und Gastgebersystem verwenden. Das ist auch der Grund, warum ich so ausdrücklich empfohlen habe, den virtuellen Switch zu installieren. Vergewissern Sie sich, daß Sie den Ordner, auf den Sie vom Gastsystem aus zugreifen wollen, im Peer-Netzwerk freigegeben haben. Außerdem müssen Sie sicherstellen, daß Sie einen Benutzer angelegt haben, der dem des Gastsystems entspricht, und Sie diesen (unter eCS) für den fraglichen Ordner zugelassen haben. Ich hatte meine Laufwerke im LAN bislang nicht freigegeben, aber in eCS (bzw. in Warp 4, wenn Sie sich entschließen sollten, diese Einrichtung zu verwenden) ist es recht einfach, für Freigaben nur genau die Benutzer zuzulassen, denen Sie dieses Recht einräumen wollen. Dies verhält sich anders als bei Windows 9x und erfordert ein wenig Aufmerksamkeit, wenn man ansonsten nur das typische Windows-Verhalten im Bereich der gemeinsamen Ressourcen gewöhnt ist.

Die VPC/2-Einrichtung der gemeinsamen Ordner ist dafür gedacht, Ordner auf Ihrem Gastgebersystem gemeinsam mit den Gästen nutzen zu können. Die Idee dabei ist beispielsweise eine Power-Point-Präsentation, die Sie per E-Mail erhalten haben, mit Power Point in einem VPC/2-Gast bearbeiten zu können. Sollten Sie so einen gemeinsamen Ordner verwenden, dann sollte er möglichst nicht zu voll sein und nicht zu viele Unterverzeichnisse enthalten. Ich würde ein Verzeichnis direkt im Wurzelverzeichnis verwenden und dort zu jeder gegebenen Zeit nur wenige Dateien vorhalten. Das Problem, wie man mir bei Innotek erklärt hat, besteht darin, daß VPC/2 eine recht lange Zeit braucht, um diese Dateien zu finden. Andererseits lassen sie sich recht schnell in das Gastdateisystem verscheiben, wenn Sie das möchten. Vermeiden Sie es einfach, ein komplettes Laufwerk auf diese Weise gemeinsam nutzbar zu machen, oder Sie werden enttäuscht sein.

Installation von Anwendungen

Angeregt von der triumphalen Einrichtung des Gastrechners und der Systeminstallation konnte ich es kaum erwarten, endlich eine Anwendung zu installieren. Ich hatte mich für die gemeinsamen Ordner entschieden und wollte in einem davon die Anwendung installieren und einen weiteren als Datenverzeichnis für die Anwendung verwenden. Ich rief das Installationsprogramm auf. Sie können es glauben oder nicht: 8 Stunden später war es immer noch beim Kopieren von Dateien. Die Installation war nicht stehengeblieben, nein, sie war eben einfach noch nicht abgeschlossen. Aufgrund früherer Erfahrungen mit langsamen Installationen entschied ich mich, die gesamte CD auf eine mit VPC/2 gemeinsam genutzte Partition zu kopieren und die Installation von dort erneut zu starten. Dieses mal ließ ich sie 24 Stunden laufen. Auch danach war sie immer noch nicht abgeschlossen.

Mein Erstaunen darüber, daß jemand versuchen sollte, ein derart schlecht funktionierendes Produkt zum Kauf anzubieten, sorgte für einige leicht gereizte Mitteilungen an Innotek, die von den Programmautoren mit unerwarteter Nachsicht beantwortet wurden. Ich kann wirklich nicht genug betonen, wie kooperativ diese Leute sind. Sie erläuterten mir die Schwächen des VPC/2-eigenen "gemeinsame Ordner"-Konzepts und schlugen eine andere Art und Weise zur gemeinsamen Nutzung von Ressourcen vor. Also biß ich in den sauren Apfel und gab mein Datenlaufwerk im LAN frei, ließ allerdings nur den VPC/2-Gast dafür zu. Anschließend konfigurierte ich die gemeinsamen Ordner heraus und verband die freigegebenen Ressourcen mittels der Einrichtungen von Windows zur gemeinsamen Nutzung von Laufwerken und Druckern. Würde ich nun lediglich behaupten, der Dateizugriff wäre ein wenig flinker geworden, dann wäre das die Untertreibung dieses jungen Jahrhunderts.

Erneut ließ ich das Installationsprogramm laufen, und entschied mich dabei, alles im Gastsystem zu installieren. Mit Point stellt das kein großes Problem dar, weil hier eine .ini-Datei im Verzeichnis \WINDOWS verwendet wird, um den Datenpfad festzulegen. Ich wußte, daß es nach der Installation höchstens eine Minute Arbeit mit einem Texteditor kosten würde, die vorgesehen Pfade für Datendateien und Schablonen einzurichten. Dieses mal war die Installation nach 40 Minuten abgeschlossen. Zum Vergleich: die übliche Windows-Installation dieser Anwendung dauert etwa 10 Minuten. Bei dieser Art Anwendung war das für mich durchaus akzeptabel, da ich nicht vorhatte, die Installation allzu oft vorzunehmen.

Nach Beenden der Anwendung startete ich das Gastsystem durch, veränderte die Datei c:\windows\winpoint.ini im VPC-Gast, damit Point vom tatsächlichen Datenpfad Kenntnis erhielt, und rief die Anwendung auf. Zu meiner Überraschung und großen Freude lief Point ganz genau wie auf den Win 9x-Rechnern, allerdings wesentlich langsamer. Durchaus brauchbar, wenn man nicht alle etwa 35 Dateiordner gleichzeitig anpackt, aber gerade eben so. Es schien, als hätte sich mein K6 III-450 auf wunderbare Art und Weise in einen 386er verwandelt.

Ich fragte mich, wie das wohl hatte passieren können. Ich hatte diesen Rechner seinerzeit selbst gebaut und speziell dafür konzipiert, Warp 4 dort laufen zu lassen. Weil ich ein Sparbrötchen bin, war er zu keiner Zeit ein Bolide, aber eCS läuft darauf absolut ordentlich. Wir sind durch die Nutzung eines ausgereiften Betriebssystems, das recht geringe Anforderungen an die CPU-Leistung stellt, schlichtweg verdorben. Viele von uns erzielten sogar mit 486er Rechnern ein akzeptables Laufzeitverhalten. Dieser Rechner nun enthielt den besten Sockel-7-Prozessor, den es jemals gegeben hat, und das Plattensubsystem besteht aus einem Ultra2-SCSI-Adapter mit zwei ziemlich schnellen LVD-Platten. Die CDs werden an einem separaten Kanal betrieben. Dennoch, durch VPC/2 wurde dieser Rechner zur Krücke.

Die Antwort ist ziemlich offensichtlich: VPC/2 legt eine extrem hohe Rechenlast auf den Prozessor. Traurig, aber mein liebgewonnener K6-III bringt das einfach nicht mehr. Ich erklärte die Lage meinem Chef, einem langjährigen Microsoft-Knecht. Er war erstaunt, Windows 98 in einem Fenster auf meinem PC hochfahren zu sehen, und noch mehr darüber, daß auch noch Point gestartet werden konnte. Ich machte ihm klar, daß ich neue Hardware benötigen würde, um das zufriedenstellend betreiben zu können, und bekam grünes Licht für einen Einkaufsbummel.

Was dann geschah

Nachdem ich etwas mehr als die von meinem Chef zur Verfügung gestellten 200 $ für einen Athlon XP 1700+ und ein passendes Mainboard ausgegeben und alles in meinem Rechner installiert hatte, verabschiedete ich mich zärtlich von meinem treuen Diener und fuhr das neue System hoch. Der Unterschied zwischen einem K6 irgendwas und einem Athlon XP ist schon gewaltig.

Ich lud das System, startete VPC/2 und anschließend eine Windows 98-Sitzung. Mit einem Rechner dieser Leistungsklasse läuft VPC/2 mit brauchbarer Geschwindigkeit, auch wenn das Laden des Gastsystems nicht gerade blitzschnell erfolgt. Es ist halt immer noch Windows! Point sollte in der Lage sein, auf Datendateien in 35 verschiedenen Verzeichnissen verteilt auf 3 verschiedene Rechner zuzugreifen, von denen eines bei mir liegt. Die 3 Datenlaufwerke waren Windows 98 mittels TCPBEUI zugänglich gemacht worden. Der Zugriff ist deutlich schneller geworden, aber Point braucht immer noch recht lange, bis es geladen ist, weil es sich dabei all seine Netzwerkverzeichnisse zusammensuchen muß. Es läuft in etwa so schnell wie auf einem Pentium 166-Rechner unter Windows 98. Windows läuft im Gast nicht so, wie es nativ laufen würde, und Point ist nicht so schnell wie in einer Win-OS/2-Sitzung, wenn es wie sein älterer Verwandter dort lauffähig wäre, aber an sich ist es recht brauchbar.

Ungelöste Mysterien

Es gab allerdings noch andere Probleme. Ich bemerkte, daß ich, während VPC lief, von eCS aus nicht auf die freigegebenen Netzwerkressourcen zugreifen konnte. Also beendete ich VPC und versuchte es erneut. Sie wissen sicher, was OS/2 zustößt, wenn Sie versuchen, eine Ressource anzusprechen, von der das System glaubt, sie sei vorhanden, es aber nicht ist. Es schien als würde mein Zugang zu Netzwerkressourcen nach dem Starten von VPC komplett abgeklemmt, bis ich mein ganzes System duchstartete.

Ich brütete eine Weile über diesem Problem, und entschied mich dann für ein Experiment. Da ich eine große Zahl von Netzwerkfreigaben zugeordnet habe, sind verfügbare Laufwerksbuchstaben ein rares Gut. Vor etlichen Monaten hatte ich mir deshalb NetDrive angeschafft, um dieses Problem zu lösen. Einer der Vorteile von NetDrive besteht darin, daß man alle verbundenen Netzlaufwerke als Verzeichnisse unter einem gemeinsamen Laufwerksbuchstaben zuordnen kann, und so habe ich NetDrive auch verwendet. Da die meisten anderen Rechner unseres LANs unter Windows laufen, wird auf diese Freigaben mittels TCPBEUI zugegriffen. Ich vermutete allerdings, daß es zwischen VPC/2 und NetDrive möglicherweise Kompatibilitätsprobleme geben könnte. Daher paßte ich meine STARTUP.CMD dahingehend an, daß alle Netzwerkressourcen mit dem Befehl net use \\computer\drive zugeordnet wurden. Nach erneutem Start von VPC/2 war ich in der Lage, die freigegebenen Ressourcen gleichzeitig von beiden Systemen aus anzusprechen, und dies blieb auch so, wenn VPC/2 heruntergefahren oder gesichert wurde. Problem gelöst, aber um den Preis, etwas aufzugeben, was ich genauso nützlich fand.

Ich testete dieses Verhalten auf einer anderen Maschine, die lediglich NETBEUI und TCP/IP anstatt TCPBEUI und TCP/IP verwendet. Nicht nur, daß die Netzlaufwerke erreichbar blieben, sie waren auch vom Gastsystem aus erreichbar. Ich habe dafür keine Erklärung, aber falls Sie gezwungen sind, TCPBEUI einzusetzen, dann könnte es sein, daß Sie auf NetDrive verzichten müssen.

Dann fiel mir auf, daß meine TCP/IP-Verbindung deutlich langsamer zu sein schien wenn VPC/2 gestartet war. Ich führte daraufhin bei  www.bandwidthplace.com eine Testreihe durch. Die Ergebnisse möchte ich hier nicht wiedergeben, aber meine Schlußfolgerung lautet, daß dann und wann ab dem Zeitpunkt des Aufrufs von VPC/2 bis zum nächsten Durchstarten des Gastgebersystems irgendetwas den Durchsatz von TCP/IP-Verbindungen drastisch verlangsamt. Ich übersandte diese Resultate an Innotek. Außerdem habe ich dieses Verhalten auch auf der anderen Maschine getestet. Während die Geschwindigkeitstests im Win 98-Gast ungefähr halb so schnell liefen wie die des Gastgebersystems bzw. ein drittel der Geschwindigkeit brachten, die der Gastgeber erzielt, wenn VPC/2 nicht gestartet ist, war die Geschwindigkeit immer noch deutlich besser als die eines Modems, und das Gastgebersystem lief auch nach Beenden von VPC/2 mit unverändertem Tempo. Das ware mir ein echtes Rätsel. Die beiden Rechner basieren auf sehr ähnlicher Hardware, und auf beiden läuft eCS mit TCP/IP 4.3.2.

Ich löste das Rätsel durch den Kauf eines Intel EtherExpress Pro 10/100-Netzwerkadapters. Nachdem ich diesen in den Problemrechner eingebaut hatte, verbesserte sich die Netzwerkgeschwindigkeit dramatisch. Die Geschwindigkeitstests innerhalb der Windows 98 VPC/2-Sitzung verliefen immer noch deutlich langsamer als in der eCS-Sitzung, und letztere waren immer noch langsamer, wenn VPC/2 gestartet war, aber nach Stoppen von VPC/2 normalisierte sich die Geschwindigkeit in der eCS-Sitzung. Die Netzwerkkarte LNE 100TX Version 2 von LinkSys ist eine gute Wahl für OS/2 oder eCS, aber mit VPC/2 arbeitet sie nicht einwandfrei zusammen.

Schlußbemerkungen

Funktioniert er? Darauf können Sie Gift nehmen. Ich habe lange davon geträumt, ein MS Windows-Programm ohne Systemneustart und während ich etwas anderes mache verwenden zu können. Mit VPC/2 können Sie das definitiv machen.

Funktioniert er auch bei Ihnen? Wenn Sie die dafür benötigte Hardware besitzen. Innotek fordert mindestens einen K6-III oder Pentium II oder III mit mindestens 266 MHz, und empfielt 500 MHz. Es läuft zweifelsohne auf einem K6-III 450, aber Sie werden keine Freude an der Geschwindigkeit haben, es sei denn, Sie wollten lediglich den Internet Explorer verwenden. Wenn Sie möchten, daß es richtig gut läuft, dann gönnen Sie sich etwas moderneres.

Ist er so gut wie Odin? Schwer zu sagen. Wenn Ihre Anwendung unter Odin gut läuft, dann werden Sie sie ohne die für VPC/2 benötigte Hardware einsetzen können. Und sie wird unter Odin wahrscheinlich schneller laufen als unter VPC/2. Wenn die Anwendung jetzt unter Odin noch nicht läuft, dann wird sie das womöglich eines nicht allzu fernen Tages tun. Wie dringend benötigen Sie die Anwendung? Und außerdem: Hat die Anwendung ein Installationsprogramm, welches nur in einer realen Windows-Umgebung lauffähig ist?

An sich ist VPC/2 kein Konkurrent für Odin. Schließlich ist Odin dafür gedacht, Windows-Anwendungen laufen zu lassen. Benötigen Sie eine Linux-Anwendung und ist Ihnen die Art und Weise wie diese unter XFree86/OS2 läuft, nicht recht, dann können Sie sich jederzeit einen virtuellen PC mit Linux anlegen und sie dort laufen lassen. Eines schönen Tages werden es uns Odin und Everblue vielleicht ermöglichen, jede beliebige Win32- und Linuxanwendung direkt auf unseren OS/2- und eCS-Arbeitsoberflächen zu betreiben. Heute jedoch noch nicht. Wenn Sie heute etwas benötigen, was diesem Ziel sehr nahe kommt, und die Investition in etwas modernere Hardware nicht scheuen, dann sollten Sie wenigstens einen Test mit VPC/2 machen. Ich ziehe meinen Hut vor den Leuten bei Innotek, weil sie eines meiner brennendsten Probleme gelöst haben, und irgendwer wird noch etwas von meinem Geld für eines oder zwei Exemplare dieses kleinen Wunders bekommen, wenn ich es beisammen habe. 

Daten und Quellen:
Virtual PC für OS/2
Hersteller: Innotek
Preis: Elektronische Zustellung: $175.27 USD/199 Euro, Verpackung mit CD: $207.14 USD/239 Euro

Virtual PC für OS/2-Internetseite - http://www.innotek.de/products/virtualpc/virtualpcgeneral.html
VPC/2 Online Unterstützungsforum - http://www.innotek.de/products/virtualpc/virtualpcsupport.html


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